9.725 Kilometer unter der Stadt: Zukunftsszenarien für das Berliner Kanalsystem

Das Kompetenzzentrum Wasser Berlin berechnet Daten zur Inspektion, Instandhaltung und bedarfsorientierten Investitionsplanung der Berliner Kanalinfrastruktur.

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Dass Wasser ein hohes Gut ist, wissen wir. Doch wie viel Aufwand hinter der Bereitstellung des kostbaren Naß steht, machen wir uns beim täglichen Abwasch und Duschen nicht bewusst.
Pascale Rouault vom Kompetenzzentrum Wasser Berlin nahm uns in ihrem Vortrag mit unter die Straßen der Hauptstadt. Denn dort befindet sich das weitverzweigte Netz der Abwasserkanäle. Mit insgesamt 9.725 Kilometer Kanallänge – das entspricht einer Strecke von Berlin bis Kapstadt – stehen die Wasserbetriebe vor einer anspruchsvollen Aufgabe. Die bis zu 150 Jahre alten Abwasserkanäle müssen regelmäßig inspiziert und bei Bedarf gewartet werden. Für den Erhalt der Infrastruktur sind dementsprechend enorme Investitionen notwendig.
Um den Zustand der einzelnen Kanäle herauszufinden, werden kleine Roboter eingesetzt, die die Kanäle abfahren und Bilder aufzeichnen. Einziger Haken: Um das Kanalsystem einmal mit den vorhandenen Inspektions-Robotern vollständig abzufahren, benötigen die Wasserbetriebe 10 Jahre.
Es müssen also effiziente Strategien erdacht werden für die Unterstützung der Investitions- und Sanierungsplanung.
Und hier kommt das Kompetenzzentrum Wasser Berlin ins Spiel. Sie erstellen, auf Basis von statistischen Modellen oder Modellen des Maschinellen Lernens, Alterungsmodellen zur Unterstützung der Investitions- und Sanierungsplanung. Damit kann man den Zustand nicht inspizierter Kanäle berechnen und Prognosen zur Zustandsentwicklung machen.

Daten der Berliner Wasserbetriebe und offene Daten der Stadt

Für ihr Berechnungsmodell berücksichtigt das Kompetenzzentrum Unternehmensdaten der Berliner Wasserbetriebe wie Kanallänge, Material, Alter etc. Zusätzlich werden offene Daten der Stadt hinzugezogen. Hierzu zählen Daten wie Bodentyp, Grundwasser, Schienen- und Straßenverkehr, Baumbestand und Stadtbezirk, denn diese Variablen können einen mehr oder weniger signifikanten Einfluss auf die Beständigkeit der Kanäle haben. So ist beispielsweise der Zustand von Kanälen, die aus Beton bestehen oder die sich in Nähe von Bäumen befinden tendenziell schlechter.
Das Modell berechnet also anhand der Daten zu Alter und Kanaleigenschaften sowie der Stadtinformationen den Kanalzustand und dessen Entwicklung. Die Prognose der Kanälen mit hohem Sanierungsbedarf wird für die Planung von Bedarfsorientierte Kanalbefahrung genutzt, die Prognose des Zustandes der Kanälen in der Zukunft für die Unterstützung langfristiger Sanierungsstrategien, das heißt für die Ermittlung zukünftiger Investitionsszenarien, der Entwicklung des Netzzustandes, des Restnutzungsdauers und Abnutzungsvorrats sowie Abschreibungen und Gebühren.
Denkbar ist, dass dieser Ansatz auch auf andere Infrastrukturen wie Trinkwasser, Telekommunikation, Gas oder Fernwärme übertragen wird.