Ein offenes Datennetzwerk mithilfe von LoRaWAN-Sensoren

Die InfraLab-Partner wollen Daten aus dem Stadtbild erfassen, vernetzen und für eine moderne Infrastruktur nutzbar machen. Was können Sensorantennen dazu beitragen – und was noch nicht?

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„Am Anfang war die Idee“, sagt Thomas Kujawski von den Berliner Wasserbetrieben, die Idee, ein offenes Datennetzwerk mithilfe von LoRaWAN-Sensoren zu schaffen, welches erheblich zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur beiträgt. Vor rund zwei Jahren starteten die InfraLab-Partner Berliner Stadtreinigung, Berlin Recycling, Berliner Wasserbetriebe, Stromnetz Berlin, Vattenfall Wärme Berlin und Veolia die Initiative.
Thomas Kujawski übernahm die Projektleitung vor einem Jahr: „Die Chance liegt darin, über alle Infrastrukturbetreiber hinweg, Synergien in einem gemeinsamen Netzwerk zu schaffen. Wir wollen die Technologie in einem Ökosystem organisieren, in dem Mandaten explizit Zugriff auf individuelle Plattform-Daten haben“. Ein Ansatz, innovativ, kollaborativ und hochkomplex in der Umsetzung. Wie lassen sich Funksensoren in die Umwelt und das Stadtbild integrieren? Welche Daten können sie erfassen und verlässlich weiterleiten? Wie werden Daten zur validen IT-Grundlage und für alle Unternehmen kompatibel nutzbar?

Sensoren sind Datenantennen – vielseitig einsetzbar und günstig

Am Anfang war auch die LoRaWAN-Technologie. Einzelne Sensoren bilden Schmalband-Funknetze, die Informationen aus ihrer unmittelbaren Umgebung aufnehmen und diese über lange Reichweiten an LoRaWAN-Gateways weitersenden. Diese wiederum senden diese Daten an einen zentralen Server. Die Funksensoren, manchmal nur so groß wie ein Smart-Phone, fungieren also als Datensammler und können weite Strecken zur Datenerfassung im öffentlichen Raum abdecken. Die Besonderheit: Sie lassen sich ereignisbezogen programmieren und funken nicht permanent. Die Datenabfrage kann also detailgenauund exakt nach Informationsbedarf erfolgen.
Im Gegensatz zu aufwendigen Verkabelungen oder SIM-Karten-Abfragen, haben LoRaWAN-Sensoren eine lange Lebensdauer, bieten eine sichere Datenübertragung und funken energiesparend. „So ein Sensor ist außerdem mannigfaltig einsetzbar – überall dort, wo wir noch keine Messwerte haben. Das kann auf Parkplätzen, in Abfallbehältern oder bei unterirdisch verlegten Wasserleitungen sein“, erklärt Thomas Kujawski.
Der eigentliche Mehrwert der Technologie ergibt sich jedoch aus der Nutzung für IoT-Systeme – also aus der möglichen Vernetzung und Bündelung aller Sensoren und Dateninformationen auf einer Plattform.

Einheitliche Netzstandards für Sensoren und IoT-Systeme schaffen

 Die Fähigkeit der meisten Sensoren, Ihre Messaufgaben mit hoher Qualität zu leisten, ist unumstritten, aber sind sie auch robust genug, um Datennetze – die an einen Infrastruktur-Server angeschlossen sind – dauerhaft, sicher und unter Umständen unter extremen Wetterbedingungen zuverlässig zu versorgen? Die Ausgestaltung neuer IoT-Strukturen in Verbindung mit Sensortechnologie schafft nach Kujawskis Einschätzung einen wachsenden Markt, in dem sich das Potenzial heutzutage noch nicht abschätzen lässt – geschweige denn messen. Deshalb will der Projektleiter die LoRaWAN-Initiative nach der Experimentierphase nun in einen Business Case und mögliches Roll-Out-Szenario für die Stadt Berlin überführen. Dabei gilt es technische Herausforderungen zu überwinden. Denn LoRaWAN-Sensoren funktionieren in der Regel nicht in anderen Netzen und sind oft auf bestimmte Anbieterplattformen abgestimmt. Offene Plattformen verfügen außerdem nicht immer über ausreichende Sicherheits- und Betreiberqualitätsstandards.
Erste Datenübertragungsversuche in freigegebenen Netzfrequenzen zeigten, dass es zur Professionalisierung der Projektidee festgeschriebene Kriterien bezüglich Datenerfassung und –Analyse seitens der Projektpartner und gleichzeitig Kooperationsmodelle mit Netz- und Plattform-Anbietern braucht. Bestehende Netze liefern oftmals die ausgebauten Strukturen, jedoch nicht die passenden Sicherheitsstandards. Während kleinere Anbieter wie beispielsweise Sigfox das fertige Gesamtangebot offerieren, allerdings ohne viel Gestaltungsspielraum und Offenlegung von Detaildaten. Im nächsten Schritt gilt es also inhaltliche IoT-Anforderungen für jedes einzelne Partnerunternehmen zu definieren und diese mit Proof of Concepts externer Technologiepartner abzugleichen.

Ein Teamgedanke, viele Wegbereiter

Bereits jetzt konnten die InfraLab-Partner viele Know-how-Partner aus der Berliner Politik und Wirtschaft adressieren und überzeugen. Darunter die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, der Fachausschuss „Innovation und Digitalisierung“ der Industrie und Handelskammer, die Deutsche Bahn sowie weitere internationale Technologiepartner, die sich mit den Fragestellungen zur Praktikabilität der Sensortechnologie, IoT sowie dezentrale Plattform-Lösungen auseinandersetzen.
Und wie ist die Stimmung im InfraLab-Team? „Da macht nicht jeder seins“, erzählt Kujawski, „es ist ein Riesenvorteil, dass wir uns hier offen und auf Augenhöhe austauschen können, ohne Sorge, der eine könnte dem anderen das Wasser abgraben. Das Team hat mittlerweile eine hohe Expertise entwickelt und ein Thesenpapier zur Erklärung der Schmalband-Infrastruktur erarbeitet. Es geht uns darum, die Technologie schnellstmöglich auf stabile Beine zu stellen“.
Für den gelernten Betriebswirt und Quereinsteiger in der IT-Branche ist es besonders reizvoll, sich auf dem großen Innovationsfeld der Datensensorik agil voranzutasten: „Es ist ein bisschen wie bei ‚Jugend forscht’, aber gleichzeitig leisten wir professionelle Basisarbeit. Wegbereiter zu sein für diese noch junge Technologie, da mitwirken zu dürfen, das motiviert sehr!“
Bis Ende des Jahres soll die Entscheidungsgrundlage für eine erste Testphase des LoRaWAN-Sensorennetzwerks geschaffen sein.